In der Modeindustrie wird selten über die Bekleidungspflege gesprochen. Kleidungsstücke werden hergestellt, ohne zu bedenken, wie sie gepflegt und entsorgt werden. Die Verbraucher bewerten nachhaltige Produkte nur in Hinblick auf Zufriedenheit, Langlebigkeit, Wertigkeit, Nachhaltigkeit und den Informationen auf den Etiketten. Einer nachhaltiger Verwendung und Entsorgung der Bekleidung wird jedoch nicht viel Aufmerksamkeit geschenkt.
Oftmals wird unterschätzt welche Umweltauswirkungen Bekleidung nach dem Kauf verursacht. Zwischen 80 und 100 Milliarden Kleidungsstücke werden jedes Jahr produziert, und ihre Pflege erfordert viel Energie, Wasser und andere Ressourcen. Laut dem Bericht „Fashion on Climate“ macht die Kleidungspflege etwa 23 % des gesamten CO2-Fußabdrucks eines Kleidungsstücks aus, während die Modebranche insgesamt für 4 % der weltweiten Emissionen verantwortlich ist, was den jährlichen Treibhausgasemissionen von Frankreich, Deutschland und Großbritannien zusammen entspricht.
Eine bewusstere Bekleidungspflege und Informationen darüber, wie sich Chemikalien und andere Inhaltsstoffe auf den Planeten auswirken, können dabei helfen nachhaltiger zu Handeln und seinen ökologischen Fußabdruck zu verringern. In unserer neuen Serie “Love Your Clothes” (Liebe deine Kleidung) möchten wir dir zeigen, wie du deine Kleidung pflegen und wertschätzen kannst, um die negativen Umweltauswirkungen zu verringern, wie du sie reparieren und weiß halten kannst. In diesem Artikel möchten wir mit dir die Auswirkungen auf die Umwelt teilen und wie du bewusster und nachhaltiger deine Bekleidung waschen kannst.
Wie schadet die Bekleidungspflege der Umwelt?
Waschen
Das Reinigen unserer Wäsche hat erhebliche Auswirkungen auf unsere Umwelt. Der jährliche Fußabdruck von neu gekaufter Bekleidung eines Haushalts (inkl. Waschen und Reinigen), entspricht in etwa dem CO2-Ausstoß einer Autofahrt von 6.000 Meilen und dem Wasserverbrauch von über 1.000 Badewannen.
Waschmittel
Waschmittel tragen seit ihrer Erfindung zu Beginn des 20. Jahrhunderts zur Umweltverschmutzung bei. Die meisten Waschmittel enthalten u.a. Nonylphenolethoxylate, welches die Umwelt zerstört. Nach Angaben der US-Umweltschutzbehörde beeinträchtigen sie auch die menschliche Entwicklung und Fortpflanzung.
Einige Chemikalien, darunter Natriumperborat und andere Bleichmittel, können Nase, Augen, Lunge und Haut reizen und die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen. Einige in Waschmitteln verwendete Farbstoffe sind nachweislich krebserregend und vergiften Gewässer und ihre Bewohner.
Synthetische Fasern
Wir können keinen Beitrag über nachhaltige Bekleidungspflege veröffentlichen, ohne Mikroplastik zu erwähnen. Es ist so klein, dass kein Waschmaschinenfilter es auffangen kann.
Im Jahr 2016 untersuchten Forscher, wie viele Fasern bei einem Waschgang ausgeschieden werden. Sie installierten einen einzigartigen Filter an einer Frontlader-Waschmaschine, um mikroskopisch kleine Fasern aufzufangen. Es wurden Proben von drei verschiedenen Stoffen getestet: ein T-Shirt aus einem Polyester-Baumwoll-Gemisch, ein Kapuzenpullover aus Polyester und ein Pullover aus Acryl. Der Acrylstoff verlor nach einigen Wäschen am meisten Fasern, gefolgt von Polyester und schließlich dem Poly-Baumwoll-Gemisch. Acrylgewebe kann bei einer einzigen Wäsche 700.000 Fasern verlieren. In einer anderen Studie wurde hochgerechnet, dass beim Waschen von Polyesterfleece 1 Million Fasern freigesetzt werden können.
Diese mikroskopisch kleinen Kunststoffpartikel können in das Meeresleben gelangen, sich in der Nahrungskette anreichern und in die Umwelt eindringen. Forschungsergebnissen zufolge sind Textilfasern aus Kunststoff die häufigste Quelle der Kunststoffverschmutzung. Im Jahr 2017 waren synthetische Stoffe für rund 35 % des ins Meer gelangten Mikroplastiks verantwortlich.
Auch die schweren Einweg-Plastikbehälter der Waschmittel belasten die Umwelt. Einige von ihnen bestehen aus nicht wiederverwertbaren Materialien, die letztendlich auf einer Mülldeponie landen. Sie zersetzen sich über Hunderte von Jahren in Mikroplastik.
Chemische Reinigung
Den Umweltauswirkungen von chemischer Reinigung kann man einen eigenen Blogbeitrag widmen. Im Rahmen der “Love Your Clothes”- Reihe werden wir einen Artikel nur diesem Thema widmen.
Trocknen
Der Trockner ist eines der energieintensivsten Geräte in unserem Haushalt. Die beste Methode, um seinen ökologischen Fußabdruck zu verringern und die Lebensdauer deiner Kleidung zu verlängern, ist das Trocknen auf einem Wäscheständer.
Durch den Verzicht auf einen Trockner, kann eine durchschnittliche Familie 1.088 kg CO2-Ausstoß pro Jahr einsparen. Da ein durchschnittlicher Haushalt den Wäschetrockner 20 Mal pro Monat benutzt, ist das Kohlendioxid, das von nur einem Wäschetrockner pro Jahr freigesetzt wird, mehr als ein Baum in seinen ersten 50 Jahren aufnehmen kann.
Zudem ändert der Trockner die Textur deiner Kleidung, so dass sie schrumpft, ausbleicht und sogar an Festigkeit verliert. Forscher wuschen und trockneten Baumwollhandtücher im Trockner 20 Mal, und sie verloren 50 % ihrer Festigkeit. Nach nur 20 Trocknungszyklen war der Stoff doppelt so leicht zu zerreißen.
Entsorgung
Heutzutage ist es zur Gewohnheit geworden fast täglich Kleidung einzukaufen. In Deutschland ist die Produktion von Bekleidung seit 2010 langsam zurückgegangen, aber der Verbrauch ist in den letzten zehn Jahren gestiegen: Die Gesamtausgaben für Bekleidung und Schuhe sind zwischen 2010 und 2019 um durchschnittlich 0,5 % pro Jahr gestiegen.
Die durchschnittliche Lebensdauer eines Kleidungsstücks aus dem Einzelhandel beträgt nur 7 Tage, so dass sich die durchschnittliche Kleiderschrankgröße vervierfacht hat, seit Fast Fashion zur Norm geworden ist.
Konsumenten werfen Kleidung weg, weil es nicht mehr im Trend ist oder schon viele Male getragen wurde, obwohl es noch im guten Zustand ist.
Durch eine verstärkte Wiederverwertung und Sammlung von Altkleidern könnten jährlich rund 18 Millionen Tonnen CO2-Emissionen vermieden werden und die Modeindustrie würde sich zu einer Industrie mit geschlossenem Kreislauf entwickeln.
Derzeit werden weniger als 1 % der gebrauchten Produkte in die Wertschöpfungskette der Branche zurückgeführt. Um eine beschleunigte Verringerung zu erreichen, müssen Technologien zur Sortierung und Identifizierung von Textilmischungen entwickelt, höhere Anreize für Marken geschaffen und die Verbraucher dazu angehalten werden, die Einführung einer Klreislaufwirtschaft zu unterstützen.
Leicht zugängliche Informationen über Wiederverwendungs- und Recyclingmöglichkeiten würden die Verbraucher zu einem umweltfreundlicheren Handeln nach dem Bekleidungskauf motivieren. Zusätzlich würde die Bereitstellung eines organisierten Entsorgungssystems den Verbrauchern eine umweltschonendere Textilentsorgung ermöglichen.
Leider sieht die Realität anders aus, aber das Thema Nachhaltigkeit findet immer mehr Beachtung auf den Führungsebenen und bei politischen Entscheidungsträgern, so dass auf regionaler und nationaler Ebene Corona-Unterstützungsprogramme mit nachhaltigem Fokus eingeführt wurden.
Eine Pilotstudie zur Rückverfolgbarkeit der Textil-Lieferkette hat zur Einführung des weltweit ersten intelligenten Sortiersystems für Textilien in Deutschland geführt. Eine gemeinnützige Sammelorganisation in Augsburg, die Aktion Hoffnung, nutzt die Identifikationstechnologie von Circular Fashion, um die Sammlung und Sortierung von Waren zu optimieren.
Was können wir anders machen?
Diese kleinen Änderungen können bereits zu einem bewussteren und nachhaltigeren Umgang mit Bekleidung führen:
Weniger waschen
Durch eine Verringerung des Wasch- und Trockenvorgangs können 186 Millionen Tonnen CO2-Ausstoß eingespart werden, z. B. indem jede 6. Waschladung eingespart, die Hälfte der Ladungen bei weniger als 30 Grad gewaschen und jede 6. Trocknernutzung durch Wäsche aufhängen ersetzt wird. Zudem können Modeunternehmen und Einzelhändler dazu beitragen, bessere Pflegeanleitungen und nachhaltigere Materialien zu verarbeiten.
“Die Regel ist, dass man es nicht reinigt. Man lässt den Schmutz trocknen und bürstet ihn ab. Ich würde zum Beispiel nicht jeden Tag meinen BH wechseln, und ich werfe die Sachen nicht einfach in die Waschmaschine, nur weil sie getragen wurden. Ich bin selbst unglaublich hygienisch, aber ich bin kein Fan von chemischer Reinigung oder irgendeiner Art von Reinigung, ganz ehrlich”. – Stella McCartney
Besser waschen
Um synthetische Kleidung zu waschen, kannst du eine Guppybag verwenden, die verhindert, dass Mikroplastik in die Gewässer gespült wird.
Eine andere Möglichkeit ist, umweltfreundliche Waschmittel zu verwenden. Mittlerweile werden in jeder Drogerie oder jedem Supermarkt nachhaltige Waschmittel angeboten (z.B. Ecover, Everdrop, Klaeny, love nature von Rossman oder denk mit von dm).
Die Haltbarkeit von Kleidung verlängern
Umweltbewusstes Handeln umfasst auch die Bekleidungsentsorgung. Verschiedene Faktoren wirken sich auf den Lebenszyklus eines Kleidungsstücks und seinen ökologischen Fußabdruck aus. Dazu gehören z.B. das lange Tragen von Bekleidung, langlebige Materialien oder zeitlose Designs und das Reparieren von Bekleidung.
Du hast länger etwas von deiner Bekleidung, wenn du zeitlose Teile in guter Qualität statt die neuesten Trends aus billiger Herstellung kaufst. Minimalistische Designs sind einfach zu kombinieren, was aber nicht gleichbedeutend mit langweiligen Looks sein muss! Du kannst deinen Look mit Prints, Volumen und ausgefallenen Details besonders machen, in der Mode sind dir keine Grenzen gesetzt!
Wir werden in unserer Serie auch einen Blogpost über das Reparieren von Kleidung veröffentlichen, also schau bald wieder vorbei oder abonniere unseren Newsletter, um auf dem Laufenden zu bleiben.
Bei zirkulären Modemarken einkaufen
Kreislaufwirtschaftliche Geschäftsmodelle verlängern mit Recycling die Lebensdauer von Produkten und Reduzieren den Bedarf an neuen und endlichen Ressourcen. Mit einem Reparatur- und Aufarbeitungsservice auf Seiten der Modemarken und Einzelhändler, könnte die Modebranche bis 2030 rund 143 Millionen Tonnen Treibhausgasemissionen einsparen. Die Reparatur kann die Lebensdauer eines Produkts um das 1,35-fache verlängern, während der Wiederverkauf aus zweiter Hand die Lebensdauer eines Produkts um das 1,7-fache erhöhen kann. Sowohl die Industrie als auch die Verbraucher sollten sich dieses enorme Potenzial zunutze machen.
Eine Analyse ergab, dass wir bis 2030 in einer Welt leben müssten, in der jedes fünfte Kleidungsstück nach dem Kreislaufwirtschaftsmodell vertrieben wird, um das Klimaziel zu erreichen.
Weniger ist mehr. The Jump, eine britische Wohltätigkeitsorganisation, erklärt, dass wir einen großen Beitrag zum Schutz der Erde leisten können, indem wir nur drei neue Kleidungsstücke pro Jahr kaufen. Wem das zu schwierig erscheint, kann damit beginnen, die Lebensdauer vorhandener Bekleidung durch längeres Tragen oder durch den Wiederverkauf zu verlängern. Es ist hilft der Umwelt sehr, den Weg zur Mülldeponie möglichst zu verhindern oder zu verzögern. Liebe deine Kleidung, am besten dein ganzes Leben lang.
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